Page 3 - Unterwegs im Goldenen Grund
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geschützte ‚Kirche St. Nikolaus in Haintchen, die ehe- des Menschen und des Beginns einer bäuerlichen Kultur, die
malige Hammermühle in Oberselters, der Brunnen und der Historiker als sogenannte „Neolithische Revolution“ um-
der „Rote Ochs“ in Erbach, das malerische Gnadenthal mit schreibt. Die seit 1883 geläufige Bezeichnung „Bandkeramik“
seiner Klosteranlage, die Wörsbach-Brücke in Dauborn, der leitet sich ab von den charakteristischen Verzierungen der
jüdische Friedhof bei Kirberg, Amthof, Marktplatz, Obertor- keramischen Gefäße mit Bandmustern aus eckigen, spiral-
turm, Kreuzkapelle und die beiden jüdischen Friedhöfe in Bad oder wellenförmigen Linien. In der Idsteiner Senke zwischen
Camberg, die ehemalige Thurn-und-Taxis-Posthalterei und westlichem und östlichem Hintertaunus wurden insgesamt
das denkmalgeschützte alte Schulgebäude in Würges, die mindestens 66 Häuser aus der Zeit der Bandkeramik nach-
Scheunenfront, der Hutturm und die evangelische Christus- gewiesen.
kirche in Walsdorf und vieles mehr.
Durch den Goldenen Grund führen die Bundesautobahn A 3
Der Priester Gottfried von Beselich, genannt „der Rufer“ und die Main-Lahn-Bahnlinie, die fast parallel zueinander
(clamator), gründete im Jahr 1156 in Walsdorf ein Bene- und annähernd in Nord-Süd-Richtung verlaufen. Die heutige
diktinerkloster für Mönche, das in der ersten Hälfte des 13. Bundesstraße 8 entspricht weitgehend einem Abschnitt der
Jahrhunderts in ein Nonnenkloster umgewandelt wurde und alten Fernhandelsstraße von Frankfurt am Main nach Köln,
bis zum Dreißigjährigen Krieg den religiösen, kulturellen und deren Verlauf zwischen Wörsdorf und Walsdorf als „Weris-
gesellschaftlichen Mittelpunkt des Goldenen Grundes dar- dorfer (Wörsdorfer) Straße“ bereits im Jahr 812 erstmals
stellte. Die mittellateinische Dotationsurkunde des Mainzer urkundlich erwähnt wurde. Die „Cölnische Hohe Heer- und
Erzbischofs Arnold von Selenhofen, die heute als Abschrift Geleitstraße“, kurz die „Hohe Straße“ genannt, verlief im
aus dem 15. Jahrhundert im Hessischen Hauptstaatsarchiv in Goldenen Grund über Oberems, Esch, Wörsdorf, Walsdorf,
Wiesbaden aufbewahrt wird, berichtet, „dass Gottfried (Go- Würges, Bad Camberg, Erbach, Niederselters, Oberbrechen,
defridus de Beslich), ein frommer und eifriger Priester (sa- Niederbrechen, Lindenholzhausen, Limburg und weiter in
cerdos religiosus in verbo dei et opere studiosus et devotus), nord-westlicher Richtung am Ostrand des Westerwaldes
durch seine heilige, unablässige Predigt die Einwohnerschaft entlang bis nach Köln.
(populum) des Dorfes Walsdorf (Walesdorff) so gewann und
zum Überirdischen (ad superna) erhob, dass sie einen wüs- Die nach strategischen Gesichtspunkten angelegte, stark
ten (solitarium) Platz beim Dorf, der ihr gemeinsam gehörte, frequentierte Straße von Frankfurt nach Köln diente vor
auch Walsdorf genannt, dem Priester mit der Bestimmung allem als Handels- und Heerstraße. Außerdem wurde sie
übereignete, dass er ihn dem Gottesdienste weihe“. Mit Zu- schon viele Jahre für die Beförderung der landesherrlichen
stimmung des Erzbischofs und der Diözesanoberen berief Post genutzt, bevor durch die Herren von Thurn und Taxis ein
Gottfried Benediktinermönche in das Walsdorfer Kloster. allgemeiner Postverkehr eingerichtet wurde. Bis zum Jahr
Aufgrund dieser Klostergründung und seiner vielfältigen 1748 ritt wöchentlich ein Bote mit der Post des Landesherrn
Missions- und Bautätigkeit in der weiteren Umgebung wurde von Frankfurt am Main über Nassau nach Köln.
Gottfried von Beselich in einer alten Klosterchronik als der
„Apostel des Goldenen Grundes“ bezeichnet. Eine Teilstrecke des alten Höhenweges war die Poststraße von
Koblenz in die Reichsstadt Frankfurt am Main. Für die rund 105
Im Goldenen Grund wurden die ersten Hessen bereits vor Kilometer benötigte man damals mit einem Wagengespann
rund 7.300 Jahren als Ackerbauern sesshaft. Die ältesten insgesamt eine Reisezeit von ungefähr 21 Stunden bei einer
dauerhaften Siedlungen aus der Epoche der mittleren Band- durchschnittlichen Reisegeschwindigkeit von vier bis sechs
keramik am Beginn der jüngeren Steinzeit fanden Land- Kilometern pro Stunde. Im Goldenen Grund verlief die alte Post-
schaftsarchäologen in der Umgebung von Walsdorf. Es han- straße durch Limburg an der Lahn, Lindenholzhausen, Nieder-
delt sich dabei um die ältesten Zeugnisse der Sesshaftigkeit brechen, Oberbrechen, Niederselters, Oberselters, Erbach,
GOTTFRIED VON BESELICH VOR 7.300 JAHREN WURDEN
IST DER APOSTEL DES DIE ERSTEN HESSEN IM
GOLDENEN GRUNDES. GOLDENEN GRUND SESSHAFT.